Im Fokus: Urbane Produktion
Urbane Produktion ist ein wesentlicher Bestandteil der produktiven Stadt. Urbane Produktion wird verstanden als „die Herstellung und Bearbeitung von materiellen Gütern in dicht besiedelten Gebieten, die häufig lokale Ressourcen nutzt.“
Erscheinungsformen urbaner Produktion können urbane Fabriken und urbane Manufakturen inklusive des Handwerks und urbane Landwirtschaft sein.
- Urbane Fabriken sind integrierte Fabrikstandorte, Werke oder (Traditions-)Betriebe in der Stadt, etwa Brauereien, Großbäckereien, Süßwarenhersteller oder Maschinenbaubetriebe. Beispiele für urbane Fabriken sind Manner (Wien), WITTENSTEIN SE (Stuttgart-Fellbach), Lindt (Aachen), Bochumer Verein (Bochum) oder die Ganter Brauerei (Freiburg).
- Urbane Manufakturen sind Handwerksbetriebe, das Baugewerbe und Reparaturbetriebe wie Änderungsschneidereien, kleinere Bäckereien, Metzgereien, Eismanufakturen, Konditoreien, Schuster, Tischlereien, Seifenmanufakturen, Orthopädieschuhtechnikerinnen und -techniker oder Musikinstrumentenbauerinnen und -bauer. Beispiele hierfür sind Pottmühle Biomanufaktur (Herne), Grubenhelden (Gladbeck), Gläserne Bäckerei Schmidt (Karlsruhe), ExRotaprint (Berlin) oder Hafenkäserei (Münster).
- Urbane Landwirtschaftsbetriebe sind Gärtnereien, landwirtschaftliche Betriebe, solidarische Landwirtschaften, Pilzfarmen oder auch Dachfarmen, insofern diese wirtschaftlich betrieben werden. Beispiele hierfür sind Hut & Stiel (Wien) oder Dachgewächshaus Jobcenter Oberhausen.
Die Idee der „Produktiven Stadt“ hat zum Ziel, inklusive und resiliente Kommunen durch die Etablierung und Sicherung nutzungsgemischter Strukturen unter Einbeziehung von Produktion zu schaffen.
Dies erfordert eine integrierte Neuorientierung der funktionalen und räumlichen Organisation städtischer Systeme auf unterschiedlichen Maßstabsebenen unter Berücksichtigung diverser Produktionsstandorte, sowohl für die Gesamtstadt als auch deren Teilräume. Ausgangspunkt hierfür sind eine sich wandelnde sozioökonomische Basis der Städte, ökologische Herausforderungen, neue Arbeits- und Produktionsformen sowie daraus resultierend veränderte Standortanforderungen und Flächenbedarfe von Produktion. Adressiert werden dabei jedoch nicht nur die Städte, sondern auch Gemeinden.
Sowohl innerörtliche Gewerbe- als auch Industriegebiete tragen somit zur Sicherung und Neuentwicklung von Betrieben urbaner Produktion bei als auch die Flächenbereitstellung in Mischgebieten. Im Sinne der Stadt der kurzen Wege sollte auch in Wohngebieten versorgendes Handwerk und Gewerbe in Planungsprozessen Berücksichtigung finden.
Veröffentlichung mit Beteiligung des IAT
Buch: Die Produktive Stadt: (Re-) Integration der Urbanen Produktion
Dieser Sammelband wurde von Prof. Dr. Stefan Gärtner und Kerstin Meyer herausgegeben und stellt die Urbane Produktion als wesentlichen Bestandteil der Produktiven Stadt vor. Er gibt einen Überblick zu Ideengeschichten, aktuellen Diskussionen, Konzepten, Definitionen, Analyse, Relevanz und Potenzialen von Produktionsprozessen im urbanen Raum. Dabei werden notwendige Rahmenbedingungen und deren Wirkungen zum Erhalt und zur Förderung Urbaner Produktion betrachtet.
Der Mehrwert des Bandes liegt unter anderem darin, dass auf der einen Seite Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten aus verschiedenen Perspektiven vorgestellt werden, diese aber auf der anderen Seite nach verschiedenen räumlichen Planungsebenen bis hin zur Objekt- bzw. Immobilien-Ebene differenziert werden. Um die Produktive Stadt zu sichern und zu erweitern, bedarf es inter- und transdisziplinärer Bemühungen.
Somit diskutieren WissenschaftlerInnen aus unterschiedlichen Disziplinen (Architektur, Maschinenbau, Stadt- und Raumplanung, Stadt- und Immobilienökonomie, Planungsrecht) die Herausforderungen und Potenziale und unterlegen sie mit Beispielen von gelungenen (Re-) Integrationen der Produktion in die Stadt.
Das Buch richtet sich sowohl an Studierende, WissenschaftlerInnen als auch StadtplanerInnen und PraktikerInnen aus Architektur, Immobilien-, Stadt- und Unternehmensentwicklung, Planungs- und Bauordnungsrecht sowie Wirtschaftsförderung.
Zugang zum Buch: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-66771-2
Was andere über dieses Buch sagen? Rezensionen:
- Kunzmann in DisP
- Marshall in RaumPlanung
- Standort 4-2023
- Krüger in RaRa (noch nicht Veröffentlicht)
Positionspapier Urbane Produktion fördern und bewahren
Das Positionspapier aus der ARL 147 „Urbane Produktion fördern und bewahren“ enthält Ergebnisse und Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft „Urbane Produktion“ der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) NRW der ARL – Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft zu den oben skizzierten Aspekten urbaner Produktion.
Eine nachhaltige Stadtentwicklung sollte nicht nur Produktion re-integrieren, sondern insbesondere die Verdrängung und Desintegration stoppen, um die nahräumliche Erreichbarkeit unterschiedlicher Nutzungen zu erhalten. Hierzu stehen verschiedene Handlungsmöglichkeiten auf architektonischer sowie stadt- und regionalplanerischer Ebene zur Verfügung. Nichtsdestotrotz besteht für eine angemessene Förderung und Sicherung Urbaner Produktion rechtlicher Novellierungsbedarf.
Handbuch Urbane Produktion
Potenziale | Wege | Maßnahmen
Unsere Städte sind unter hohem Druck, zu Globalisierungsbedingungen sozial gerechter, ökologisch nachhaltiger und gleichzeitig produktiver zu werden. Das Thema Urbane Produktion verspricht, Teilantworten auf diese Problemlagen zu geben. Insbesondere für stark vom Strukturwandel betroffene Regionen wie das Ruhrgebiet ergeben sich Chancen: Urbane Landwirtschaft, Urbane Manufakturen und Urbane Industrie können Stadtviertel attraktivieren und Perspektiven für abgehängte und innovative Arbeitsmarktsegmente gleichermaßen schaffen. Es gibt viele Beispiele für gelungene städtebauliche Realisierungen sowie für etablierte urbane Betriebe. Um den vorhandenen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, sind vielfältige Maßnahmen möglich und nötig: Neben vorbereitenden Analysen, strategischer Ausrichtung und der Ausbildung der richtigen Haltung auf institutioneller Ebene sind die richtigen Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen und eine demokratische Beteiligung der Bewohnerschaft gefragt. Eine stärkere Verzahnung von Wirtschafts- und Raumentwicklung aus der kommunalen Verwaltung kann dazu beitragen.
https://urbaneproduktion.ruhr/publikationen/handbuch-urbane-produktion/