Einführung des Primary Nursing Systems / Primary Nursing
Hintergrund |
Das Alfried Krupp Krankenhaus in Essen führt ein Projekt zur pilothaften Einführung des Pflegesystems „Primary Nursing“ durch. Auf jeweils einer Station an den beiden Essener Standorten soll das Vorhaben umgesetzt werden. Die Aufgabe des IAT besteht in der wissenschaftlichen Begleitung des Vorhabens.
Das im Alfried Krupp Krankenhaus derzeit praktizierte Pflegesystem der Bereichspflege soll die Abkehr vom Prinzip einer an Tätigkeiten ausgerichteten Pflege zugunsten einer Personenorientierung organisatorisch unterstützen. Dabei wird die Verantwortung für die jeweilige Patient*innengruppe allerdings noch nach räumlichen Vorgaben zugeteilt. Diese Zuteilung kann sich zudem im Laufe des Tages durch Verlegungen verändern oder es wird am nächsten Tag eine andere Gruppe zugeordnet, wodurch die Kontinuität der Pflegebeziehung leidet.
Primary Nursing ist ein Pflegesystem, das eine beziehungsbasierte, personenorientierte Pflege ermöglicht (Manthey 2023; Ersser & Tutton 2000). Dabei ist eine „Primary Nurse“ (PN) für die gesamte pflegerische Versorgung einer Anzahl Patient*innen von der Aufnahme bis zur Entlassung verantwortlich. Dies umfasst das Aufnahmegespräch und die Erstellung der Pflegeanamnese incl. erforderlicher Assessments, die Planung pflegerischer Maßnahmen und die tägliche Evaluation der Wirkungen in Abstimmung mit anderen Pflegepersonen und ggfs. weiteren an der Versorgung Beteiligten. Die Primary Nurse trägt damit persönlich die Verantwortung für die Qualität der erbrachten Pflege.
Für dieses Pflegesystem ist, neben einer Änderung von Inhalten und Verantwortlichkeiten, die Anpassung von Organisationsprozessen erforderlich, insbesondere bei der Dienstplanung und den Arbeitszeiten. Die Veränderungsprozesse, die mit der Einführung von Primary Nursing verbunden sind, umfassen auch eine neue Rollenfindung der Pflegenden. Um die Rolle der PN insbesondere hinsichtlich der erweiterten Verantwortung für den Pflegeprozess, der erweiterten Kommunikation und der Beziehungsgestaltung ausüben zu können, ist die Erweiterung der beruflichen Kompetenzen erforderlich. Mit der Übernahme der Verantwortung für Patient*innen sind Entscheidungen verbunden, die unter Berücksichtigung der komplexen Zusammenhänge im Rahmen der Gesamtversorgung getroffen werden müssen. Daher muss die Implementierung sorgfältig gestaltet und begleitet werden.
Zielsetzung und Fragestellungen |
Das Krankenhaus zielt mit der Einführung des Primary Nursing-Systems auf eine qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung, eine höhere Patientenzufriedenheit, eine höhere Wirksamkeit im Behandlungsprozess und in der Folge zu einer höheren Berufszufriedenheit bei den Pflegefachpersonen ab. Die Hauptfragestellung lautet: „Führt die Einführung des PN-Systems zu der Erreichung der benannten Zielsetzung?“
Studien zeigen die möglichen positiven Auswirkungen des Systems im Krankenhaus auf, wie eine erhöhte Zufriedenheit der Patient*innen und der Pflegenden sowie eine höhere Pflege- und Behandlungsqualität. Gelingt die Umsetzung der Einführung des PN-Systems, kann so ggfs. auch dem Ausstieg aus dem Pflegeberuf und damit dem Fachkräftemangel begegnet werden.
Vorgehensweise |
Die Arbeiten der wissenschaftlichen Begleitung gliedern sich in folgende Arbeitspakete:
- AP 1 Befragung der Patient*innen und Pflegenden
- AP 1.1 Befragung der Patient*innen (Erhebungen durch das Krankenhaus mittels standardisierter Fragebögen auf den Pilotstationen und Vergleichsstationen zu mehreren Zeitpunkten): Beratung zum Fragebogen, Auswertung, Aufbereitung und Darstellung der Ergebnisse
- AP 1.2 Befragung der Pflegenden (Erhebung durch das Krankenhaus mittels standardisierter Fragebögen auf den Pilotstationen und Vergleichsstationen zu mehreren Zeitpunkten): Beratung zum Fragebogen, Auswertung, Aufbereitung und Darstellung der Ergebnisse
- AP 2 Interviews mit Pflegenden
- Rund 20 leitfadengestützte Interviews mit Pflegenden der Projektstationen (ca. fünf Personen je Station, zwei Erhebungszeitpunkte). Entwicklung der Interviewleitfäden, Durchführung und Auswertung der Interviews, Ergebnisaufbereitung
- AP 3 Begleitung
- Reflexions- und Planungsgespräche
- Teilnahme an Besprechungen
- Hospitationen auf den Projektstationen
- Unterstützung bei Projektbericht und Veröffentlichung