Beruflichkeit in der qualifikationsheterogenen Pflege / Beruflichkeit
Projektinfo
Hintergrund |
Die berufliche Pflege wird hinsichtlich ihrer Qualifikationen und Kompetenzen heterogener. Neben fachschulisch ausgebildeten Pflegefachpersonen arbeiten auch Pflegehilfs- und Pflegeassistenzpersonen, hochschulisch ausgebildete sowie im Ausland qualifizierte Beschäftigte in der Pflege. Dieser Mix aus Kompetenzen (Skills) und Qualifikationen (Grades) hat – so die Annahme – Auswirkungen auf das berufliche Selbstverständnis, das individuelle und kollektive Kompetenzerleben und die Arbeitszufriedenheit der Pflegenden.
Um potenzielle Diskrepanzen zwischen der beruflichen Bildung, dem individuellen Kompetenzprofil und den tatsächlich auszuführenden Tätigkeiten in der Berufspraxis ausgleichen zu können, bedarf es einer reflexiven Beruflichkeit, die auf der reflexiven Herstellung von Motivation und Flexibilität sowie Leistung und Kompetenz im Rahmen individueller Biografien basiert.
Berufliche Identität in der Pflege – im Sinne „professioneller Identität“ – ist ein mehrdimensionales Konstrukt, das (1) subjektiv wahrgenommene arbeitsplatzspezifische Anforderungen ebenso adressiert wie (2) subjektiv wahrgenommene berufliche Motivation und (3) professionelle Handlungskompetenz als Grundlage pflegeberuflichen Handelns.
Inwiefern sich bezüglich der wachsenden Heterogenität Chancen und Herausforderungen für eine „gute“ Pflegearbeit und Kompetenzentwicklung in sich verändernden Strukturen der Arbeitsorganisation ergeben, ist derzeit nicht abzuschätzen. Empirisch gestützte Erkenntnisse können dazu beitragen, sowohl auf politisch-gesellschaftlicher (Makroebene) als auch auf betrieblicher (Mesoebene) und individueller (Mikroebene) Ebene Gestaltungsspielräume zu identifizieren und zielgruppenspezifische Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Zielsetzung und Fragestellungen |
Das Vorhaben will bestehende Forschungslücken unter anderem mithilfe folgender Fragestellungen schließen:
1. Welche Modelle des Kompetenz- und Qualifikationsmix werden in der pflegeberuflichen Praxis erprobt und umgesetzt? Welche arbeitsplatz- und arbeitsprozessbezogenen Anforderungen und Veränderungen (Aufgaben/Tätigkeiten) gehen damit einher?
2. Wie wirken sich der Skill- und Grademix und damit verbundene Veränderungen auf das Kompetenzerleben und die Selbstwirksamkeit der Beschäftigten aus?
3. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beruflichen Identität bestehen bei Pflegenden im Kompetenz- und Qualifikationsmix und wie wirkt sich dieser auf die Entwicklung der beruflichen Identität aus?
4. Wie kann der Kompetenz- und Qualifikationsmix so umgesetzt werden, dass eine kompetenzorientierte teambasierte Arbeitsorganisation umgesetzt werden kann? Wie sind betriebliche Interessenvertretungen derzeit mit diesen Themen befasst und wie können sie stärker gestaltend intervenieren?
Vorgehensweise |
Das Untersuchungsfeld umfasst die stationäre Langzeitpflege und die stationäre Akutpflege (Krankenhaus) und kann in Erprobung befindliche oder bereits implementierte Modelle des Kompetenz- und Qualifikationsmix vorweisen. Auf diese Weise ist es möglich, die wesentlichen derzeit in Deutschland zu erwartenden Ausprägungen des Skill- und Grademix abzudecken, sodass versorgungs- und arbeitsorganisatorische Effekte des Qualifikations- und Kompetenzmix auch mit Blick auf Veränderungen der beruflichen Identität(en) beobachtet werden können.
Das Vorhaben ist interdisziplinär angelegt und verknüpft Fragestellungen der Berufsbildungsforschung, Pflegewissenschaft und Arbeitswissenschaft. Das Forschungsdesign folgt einer abduktiven Forschungslogik. Der Forschungsprozess gliedert sich in die drei Phasen Exploration, Analyse sowie Konklusion und ist mehrstufig angelegt: Die Explorationsphase startet mit einer Aufbereitung des Forschungsstandes und der Identifikation settingspezifischer Umsetzungsmodelle des Kompetenz- und Qualifikationsmix in der Pflege. Methodisch erfolgt ein systematisches, kriteriengeleitetes Literaturreview und ein Screening pflegerelevanter Informationen zur Identifizierung von Umsetzungsbeispielen des Kompetenz- und Qualifikationsmix. Begleitet wird dies durch explorative Experteninterviews und Gruppendiskussionen. Anschließend folgen in der Analysephase zwei Fallstudien (Krankenhaus und stationäre Langzeitpflege), in deren Rahmen Arbeitsprozessanalysen, Einzelinterviews, Gruppendiskussionen und Workshops durchgeführt werden. In der abschließenden Konklusionsphase (AP 3) werden die so gewonnenen Ergebnisse unter Einschluss eines Analysemodells vertiefend aufbereitet und zu zielgruppenspezifischen Handlungsempfehlungen verdichtet.
Das Forschungsprojekt wird von der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) gefördert und gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule Freiburg durchgeführt.